Die Festtage stehen einmal mehr vor der Tür. Eigentlich ein Grund, sich darauf zu freuen. Nicht? Durch bewusste Reflexion, offene Gespräche und der richtigen Einstellung wird dir das bestimmt auch gelingen. Erfahre im folgenden Artikel, wie du negative Muster überwinden und mit praktischen Tipps eine harmonische Weihnachtszeit gestalten kannst.

Streben wir nicht alle danach, die bevorstehenden Festtage fröhlich und tiefenentspannt zu erleben? Trotz dieser gut gemeinten Absicht kippt die Stimmung bei Familienzusammenkünften erstaunlich oft und schnell, beeinflusst von unseren Prägungen und Mustern. Doch wir müssen uns nicht von diesen dominieren lassen.

Freut sich dein «Inneres Kind» auf die Festtage?

Familie ist anstrengend. Nicht immer, aber oft. Selbst diejenigen unter uns, die das Gefühl haben, dass sie mit Eltern, Geschwistern & Co. gut auskommen, haben immer wieder Punkte, an denen es kracht. Es gibt wohl keine Zeit im Jahr, in der wir das häufiger zu spüren bekommen als in der Adventszeit und an den Weihnachtsfeiertagen: Wir treffen auf Geschwister, Eltern und manchmal auch auf die versammelte Verwandtschaft. Und auch wenn wir uns auf diese Treffen freuen, sind sie manchmal weniger harmonisch, als wir uns das vorstellen: Das familiäre Zusammensein wirkt oft wie ein Brennglas auf Konfliktherde, die wir seit unserer Kindheit mit uns herumtragen.

Wahrnehmung ist subjektiv

Alte Muster werden ausgelöst. Längst erwachsene Menschen fallen in ihre Kindheitsrollen zurück. Alte Kränkungen kommen wieder hoch. «Mama hat immer gedacht, ich könnte mehr aus mir machen. Papa hat nie ernst genommen, was ich beruflich mache. Warum hören alle nur auf meine Schwester? Ändern sie sich denn nie?» Nein, wahrscheinlich nicht, kann ich da nur sagen. Wer das Gefühl hat, immer wieder von seiner Kindheit eingeholt zu werden, ist gut beraten, bei sich selbst anzufangen. Es hilft schon, sich bewusst zu machen, dass unsere Wahrnehmung wenig mit der Realität zu tun hat, sondern eine sehr subjektive, emotionale Angelegenheit ist.

Wir alle tragen unser Päckchen an Prägungen mit uns

Wir alle kommen mit einem nicht vollständig ausgereiften Gehirn zur Welt. Lediglich etwa 27 Prozent sind bei der Geburt ausgebildet. Die Art und Weise, wie unsere Eltern mit uns interagieren, formt weitere Verknüpfungen und legt eine psychologische Landkarte unseres Geistes an. Diese Landkarte unserer Wahrnehmung bestimmt unser Selbstwertgefühl, unser Urvertrauen. Menschen, die in den ersten Lebensjahren viel Stress ertragen mussten, entwickeln eher eine Art Urmisstrauen. Sie halten sich nicht für wertvoll. Sie fühlen sich anderen unterlegen, obwohl es dafür objektiv keinen Grund gibt.

 

Aber auch diejenigen unter uns, die eine schöne Kindheit hatten, tragen oft ihr Päckchen an Selbstzweifeln mit sich herum. Kein Wunder! Es gibt keine perfekten Eltern und keine perfekte Erziehung. Schliesslich bringen alle Eltern selbst die eine oder andere Prägung mit und geben sie - egal, wie gut sie es meinen! - unbewusst an ihre Kinder weiter. «Ohne Fleiss kein Preis» oder «Indianer kennt keinen Schmerz» sind zum Beispiel Sprüche, die seit Generationen weitergegeben werden. Wer solche «Streng dich an»- oder «Reiss dich zusammen»-Parolen oft genug hört, entwickelt die tiefe Überzeugung, nicht gut genug zu sein. Glaubenssätze wie «Ich bin nicht gut genug!» oder «Ich darf keine Schwäche zeigen!» prägen das Selbstwertgefühl.

Welche Realität wählst du?

Diese kindliche Prägung sitzt tief. Aber unser Gehirn ist jederzeit lernfähig. Das heisst: Wir können unsere Überzeugungen ändern, indem wir das Gelernte mit einem alternativen Programm überschreiben. Dazu müssen wir uns zunächst klarmachen, dass negative Überzeugungen nichts über uns selbst aussagen. Sie spiegeln lediglich die Einstellung unserer Eltern wider. Psychologen sprechen in diesem Zusammenhang von Introjektion: Wir haben eine fremde Sichtweise verinnerlicht.

 

Diese Introjektion können wir ablegen. Im übertragenen Sinne können wir sie unseren Eltern zurückgeben, indem wir uns bewusst machen, welche Werte und Überzeugungen wir selbst für richtig halten. Was gehört meiner Meinung nach zu meiner Persönlichkeit? Was passt zu meiner Wirklichkeit? Diese Erkenntnis findet zunächst im Kopf statt. Um sie auch gefühlsmässig zu verinnerlichen, müssen wir die mentale Umkehrhaltung einüben. Dabei kehren wir unsere negativen Überzeugungen in positive Glaubenssätze um. «Ich muss mich nicht ständig überarbeiten, um wertvoll zu sein. Ich genüge meinen Freunden, meinen Kindern oder auch meiner Chefin.» Je öfter man seine neuen inneren Überzeugungen wiederholt, desto vertrauter werden sie einem und desto mehr Kraft gewinnen sie.

 

Bereite dich innerlich auf schwierige Szenen vor

Hilfreich ist auch, sich vor schwierigen Situationen zu wappnen. Ich sage immer: Prävention ist die Mutter aller Schutzstrategien. Die meisten von uns wissen, was sie emotional anstrengt. Es hilft, sich diese Szenen vorher so realitätsgenau vorzustellen wie möglich und dann aus einer neutralen Beobachterperspektive zu betrachten. Es hilft, seinem Inneren Kind liebevoll zu erklären, dass es seine Wahrnehmung nicht auf eine vermeintliche Abwertung fokussieren soll. Dieses System von «Ertappen und Umschalten» kann man dann auch in heiklen Momenten anwenden.

 

Bleibt die Frage, ob man mit seiner Familie über die belastenden Prägungen reden sollte. Die meisten Eltern kämpfen ohnehin mit Schuldgefühlen, in der Erziehung nicht alles perfekt gemacht zu haben. Meiner Erfahrung nach funktioniert so ein klärendes Gespräch nur, wenn es bei den Eltern ein grosses Mass an Offenheit und Reflexionswillen gibt – und wenn es einem selbst eher um Ursachenforschung als um Schuldzuweisungen geht. Dann allerdings kann so eine Aussprache unter Erwachsenen für das Innere Kind heilsam sein und die Bindung zu den Eltern eine ganz neue Qualität erfahren.

 

Fazit:

Weihnachten kann trotz familiärer Spannungen entspannt sein. Durch bewusste Reflexion und die Überwindung alter Muster können wir harmonische Festtage erleben. Vorbereitung auf emotionale Situationen und gegebenenfalls offene Gespräche mit der Familie sind Schlüssel zu einer friedlichen Weihnachtszeit.

Bereite dich innerlich auf schwierige Szenen vor

Dominique-Raymond-Rychner-Life-und-Business-Coach-Zuerich

Über den Autor

Dominique Raymond Rychner ist CEO und Partner bei einer international tätigen Wirtschaftsboutique sowie systemischer Transformationscoach. Er ist Vater von zwei Teenagern, glücklich geschieden und bietet Live- oder Online-Coachings, Kurse und Seminare für Männer, Frauen, Paare, Familien und Unternehmen im Bereiche der Persönlichkeitsentwicklung sowie der Stärkung der Finanzintelligenz an. Er bringt über 25 Jahre Erfahrung in Beratung und Training mit. Das Credo seiner Arbeit lautet: "Lebe moneysmart und beziehungsweise – für ein Leben voller Selbstbestimmung und Freiheit."

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