Wie häufig ist eine systemische Aufstellung sinnvoll?

Eine Aufstellung kann ein Problem mit einer einzigen Intervention lösen. Aber nicht alle. Aus diesem Grund kann es sinnvoll sein, eine Aufstellung zu wiederholen. Aber nicht sofort. Und nicht zum gleichen Thema. Wann eine Wiederholung sinnvoll sein kann und was du dabei beachten musst, erfährst du in diesem Beitrag.

Eine Aufstellung basiert auf der Annahme, dass viele physische und psychische Leiden entstehen, weil wir «identifiziert» oder «verstrickt» sind – mit Ereignissen und Schicksalen unserer Gegenwarts- oder Herkunftsfamilie. Eine weitere Annahme besteht darin, dass wir das Leben nicht richtig annehmen und entfalten können, wenn wir diejenigen ablehnen, die uns das Leben geschenkt haben. Also unsere Eltern.

Bei einer Verstrickung mit einem schweren Schicksal aus der Herkunftsfamilie besteht die Lösung vielleicht darin, dieser Person, respektive ihrem Stellvertreter, im Rahmen einer Aufstellung zu sagen: «Ich achte dein schweres Schicksal». Oder, wenn ein Elternteil abgelehnt wird: «Ich verdanke dir mein Leben. Ich nehme es jetzt an, mit allem, was dazu gehört – und mache etwas daraus». Damit wird die aufstellende Person frei für das eigene Leben. Sie muss nicht mehr zwanghaft ein fremdes Schicksal wiederholen oder sich unnötigerweise fremdbestimmt einschränken.

Sichtbarmachung und Auflösung von Verstrickungen

Ein Mann stellte seine Herkunftsfamilie auf, weil er schon seit geraumer Zeit immer wieder mit Depressionen, Unlust und sogar Suizidgedanken zu kämpfen hatte. In der Aufstellung zeigte sich: Er steht in enger Verbindung zu seinem Onkel, einem Bruder seines Vaters. Der Onkel hatte sich umgebracht, als er beim Neffen und seiner Familie zu Besuch war. Der damals 7-jährige Protagonist fand den Onkel nach seinem Suizid. Er sagte in der Aufstellung zu seinem Onkel: «Ich achte dein schweres Schicksal». Und: «Wenn ich mein Leben jetzt vollständig lebe und geniesse, tue ich das auch zu deinen Ehren und zu deinem Andenken.»

Bei diesem Beispiel reichte eine Intervention, um ein langjähriges Problem dauerhaft zu lösen – allein durch die Sichtbarmachung und Auflösung der Verstrickung. Damit eine einzige Intervention eine dermassen heilsame Wirkung entfalten kann, muss die aufstellende Person die Lösung innerlich vollziehen. Denn es kann sein, dass sich die Lösung zwar besser und freier anfühlt. Aber auch sehr neu und ungewohnt sein kann. Zudem geht mit der Lösung einer Verstrickung auch ein erhöhtes Mass an persönlicher Verantwortung einher.

Eine Aufstellung reicht für ein Problem

Bei einer Familienaufstellung gehe ich davon aus, dass eine einzige Intervention reicht, um ein seelisches Anliegen oder Leiden aus der Welt zu schaffen. Ich gehe aber nicht davon aus, dass eine Intervention reicht, um alle Probleme des betreffenden Menschen zu lösen. Oder anders formuliert: Nach einer Familienaufstellung fällt kein Mensch automatisch in einen Zustand anhaltender Glückseligkeit. Ich gehe aber davon aus, dass die aus der Verstrickung gelöste Psyche in der Lage ist, die Probleme anzugehen und auf eine «gesunde, erwachsene Art» zu bewältigen. Was durchaus Arbeit und Selbstreflexion bedeutet.

Eine Aufstellung sorgt für eine neue innere Haltung. Diese Haltung ermöglicht der aufstellenden Person eine produktive Lebensbewältigung mit allen Problemen, die dazu gehören. Wie sie das macht, liegt in ihrer persönlichen Verantwortung. Jeder Mensch hat psychologische und seelische «Baustellen». Prof. Dr. Franz Ruppert spricht in diesem Zusammenhang gar von einer bei (fast) jedem Menschen existierenden «Trauma-Biografie». Da stellt sich zwangsläufig die Frage, wie oft man eine Aufstellung wiederholen kann. Und wie sinnvoll das ist.

Mehrfach Aufstellen – Indikationen und Kontraindikationen

In diesen Fällen kann es meiner Meinung nach sinnvoll sein, die Themen in getrennten Aufstellungen zu beleuchten und zwischen den einzelnen Aufstellungen einige Zeit verstreichen zu lassen. Am besten einige Wochen oder Monate. So kann sich die Lösung aus der ersten Aufstellung im Alltag entfalten, bevor das nächste Thema in Angriff genommen wird:

  • Es gibt eine Verstrickung in der Herkunftsfamilie und daneben Themen, die mit der Gegenwartsfamilie, also der Partnerschaft und dem Verhältnis zu den eigenen Kindern zu tun haben.
  • Es gibt in der Herkunftsfamilie Belastungen und Gefährdungen für die psychische Gesundheit, die einmal der mütterlichen und einmal der väterlichen Linie entspringen.
  • Es gibt in unterschiedlichen Lebensbereichen wie Arbeit, Gesundheit und Partnerschaft Baustellen, die nicht direkt miteinander verbunden sind. Also keine Folge der gleichen Verhaltenstendenz oder des gleichen Persönlichkeitsmusters sind.

Mit jeder Aufstellung kann eine Schicht der Zwiebel gelöst werden

Im Verlauf eines Lebens können sich unterschiedliche Themen «einstellen». Eine Frau hat zum Beispiel in einer Aufstellung die «unterbrochene Hinbewegung» zu ihrer Mutter gelöst. In der Folge geniesst sie eine erfüllende Partnerschaft, die vorher in dieser Form nicht möglich gewesen wäre. Einziger Wermutstropfen: Obwohl sich beide Partner Kinder wünschen, bleibt das Paar kinderlos. Das ist ein neues Problem von erheblicher Tragweite. Das Problem wäre aber ohne die Lösung des ersten Problems gar nicht erst entstanden. In solchen Situationen spricht natürlich nichts dagegen, das später entstandene Problem in einer neuen Aufstellung zu beleuchten.

Vorsicht ist allerdings geboten, wenn jemand schon kurze Zeit nach einer Aufstellung eine neue initiieren möchte. Zum Beispiel, weil die Lösung, die sich in der ersten Aufstellung gezeigt hat, nicht ihren Erwartungen und Wünschen entsprochen hat. Oder weil die Lösung, die sich bei der Aufstellung gezeigt hat, zu schwierig erscheint und sich die aufstellende Person mit einer neuen Aufstellung eine einfachere Lösung erhofft. Ebenfalls wenig sinnvoll ist eine erneute Aufstellung, wenn eine Person mit immer neuen Aufstellungen offensichtlich die Umsetzung der gebotenen Lösung vermeiden will.

Familienaufstellungen wiederholen

Aber auch in diesen Situationen kommt es auf die genauen Umstände an. Eine zeitnahe Wiederholung einer Aufstellung mit exakt demselben Thema kann im Einzelfall durchaus angezeigt sein. Etwa, wenn sich in der Zwischenzeit neue Informationen über schicksalshafte Ereignisse in der Herkunftsfamilie ergeben haben.

Ich biete regelmässig zusammen mit Monika Zemp systemische Aufstellungen an. Die Aufstellungen sind oft Teil einer systemischen, schematischen und psychologischen Begleitung, können aber auch einzeln gebucht werden. In solchen Fällen empfiehlt sich ein Vorgespräch, in dem wir dein Anliegen herausarbeiten und mit einem Genogramm erste Hinweise auf allfällige Verstrickungen sichtbar machen. Einen entsprechenden Termin kannst du ganz einfach online buchen.

Dominique-Raymond-Rychner-Life-und-Business-Coach-Zuerich

Über den Autor

Dominique Raymond Rychner ist CEO und Partner bei einer international tätigen Wirtschaftsboutique sowie systemischer Transformationscoach. Er ist Vater von zwei Teenagern, glücklich geschieden und bietet Live- oder Online-Coachings, Kurse und Seminare für Männer, Frauen, Paare, Familien und Unternehmen im Bereiche der Persönlichkeitsentwicklung sowie der Stärkung der Finanzintelligenz an. Er bringt über 25 Jahre Erfahrung in Beratung und Training mit. Das Credo seiner Arbeit lautet: "Lebe moneysmart und beziehungsweise – für ein Leben voller Selbstbestimmung und Freiheit."

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